a) Vorbemerkungen zum Volksverhetzungs-Paragraphen
Der § 130 StGB – Volksverhetzung – ist der praxisrelevanteste Gesinnungsparagraph im bundesdeutschen Strafrecht. Zigtausende Strafverfahren werden jedes Jahr nach diesem Paragraphen gegen Dissidenten, Bürgerrechtler und Regimekritiker geführt. Manche Dissidenten – man denke nur an Horst Mahler und Ursula Haverbeck – sitzen aufgrund dieses Straftatbestandes, der in den vergangenen Jahren zudem immer wieder erweitert und verschärft wurde – sogar noch im hohen Alter langjährige Freiheitsstrafen ab.
Der Wortlaut der einzelnen Absätze des § 130 StGB ist so formuliert, dass aus dem Gesetz nicht klar ersichtlich wird, welche Äußerungen nun erlaubt sind und welche nicht, sodass der Paragraph durch die Gerichte entsprechend interpretiert und angewendet werden muss. Die Unbestimmtheit des § 130 StGB führt immer wieder dazu, dass sich Personen auf der Anklagebank wiederfinden, die bestimmte Äußerungen getätigt haben, ohne sich darüber bewusst gewesen zu sein, dass sie sich damit strafbar gemacht haben.
Während bezüglich der Interpretation des § 130 StGB im Hinblick auf seine Unbestimmtheit bereits seit langer Zeit Verwirrung herrscht, macht sich in den letzten Jahren zudem eine bedenkliche Tendenz bei den Gerichten bemerkbar, die dazu führen könnte, dass in Zukunft erst recht niemand mehr sagen kann, welche Äußerungen denn noch erlaubt sind und welche nicht. In einigen, politisch sehr brisanten Strafverfahren ging die Tendenz nämlich dahin, dass es in Bezug auf die strafrechtliche Bewertung nicht mehr darauf ankam, was der Beschuldigte tatsächlich gesagt hat, sondern darauf, was Staatsanwälte und Richter nach eigenem Gutdünken in die Aussagen hineininterpretierten, auch wenn die Interpretationen mit dem eigentlichen Wortlaut gar nichts zu tun hatten oder ihm sogar entgegengestellt waren.
So wurde beispielsweise Sascha Krolzig, der Initiator dieser Zeitschrift und bis zur letzten Ausgabe Schriftleiter der N.S. Heute, rechtskräftig zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt, da er den Vorsitzenden einer Jüdischen Gemeinde als „frechen Juden-Funktionär“ bezeichnet hatte. Während der Ausdruck „frech“ zum alltäglichen Sprachgebrauch gehört und tagtäglich millionenfach verwendet wird, liest sich das in der Urteilsbegründung des Landgerichts Bielefeld wie folgt: Durch diese Terminologie wird dem Zeugen K. implizit, aber offenkundig beabsichtigt, ein Status zugedacht, den ein Jude unter dem nationalsozialistischen Regime hatte, nämlich als ein Mensch ohne Würde und Existenzrecht und insofern als jemand, auf den sich Hass entladen kann und soll. – Zyniker würden behaupten, der Richter habe telepathische Fähigkeiten, da er zu erkennen glaubt, was mit dem Gesagten in Wirklichkeit beabsichtigt gewesen sei, auch wenn der tatsächliche Wortlaut hierzu nicht das Geringste hergibt.
Um nur ein weiteres Beispiel zu nennen: Im Juni 2018 entschied das Bundesverfassungsgericht über eine Verfassungsbeschwerde der bekannten Bürgerrechtlerin Ursula Haverbeck. Die Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen eine Verurteilung zu zweieinhalb Jahren Haft wegen diversen Aufsätzen, die Haverbeck in der Zeitschrift „Stimme des Reiches“ veröffentlicht hatte. In diesen Artikeln wurde die Richtigkeit der offiziellen Geschichtsschreibung zu den jüdischen Opferzahlen während der Zeit des Dritten Reiches – insbesondere bezüglich des KL Auschwitz – abgestritten bzw. in Frage gestellt. Zur Bewertung dieser Artikel schrieb das BVerfG Folgendes: Für die Tatbestandsvariante der Leugnung gilt nichts anderes. Die Überschreitung der Friedlichkeit liegt hier darin, dass die Leugnung als das Bestreiten des allgemein bekannten unter dem Nationalsozialismus verübten Völkermords vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte nur so verstanden werden kann, dass damit diese Verbrechen durch Bemäntelung legitimiert und gebilligt werden. – Im Klartext: Wenn jemand behauptet, etwas habe gar nicht stattgefunden, wird das Geschehnis, dessen Existenz abgestritten wird, in Wirklichkeit „legitimiert und gebilligt“, also für gut befunden. – Welcher normale Mensch soll hierbei noch durchblicken und solche „Logik“ verstehen?
Schaut man sich die Argumentationslinien an, wie sie vom Landgericht Bielefeld und vom Bundesverfassungsgericht in den erwähnten Urteilen genutzt worden sind, ist es praktisch gar nicht mehr möglich, noch irgendwelche allgemeingültigen Aussagen darüber zu treffen, was man noch sagen darf und was nicht. Nach der subjektiven Einschätzung der Verfasser dieses Ratgebers ist genau diese Unsicherheit von den Herrschenden gewollt: Es ist ein Spiel mit der Angst des Bürgers, nicht zu wissen, ob eine bestimmte Äußerung vielleicht zu einem Strafverfahren, zu einer Hausdurchsuchung oder sogar zu einer Gefängnisstrafe führen könnte. Wer keinen Ärger mit den Repressionsorganen des Staates riskieren will, hält lieber gleich die Klappe und verkneift sich kritische Kommentare in den sozialen Netzwerken.
Man könnte noch so vieles über den unseligen Volksverhetzungs-Paragraphen schreiben, doch da wir uns in dieser Kolumne auf juristische Ausführungen beschränken wollen, soll das Genannte als Vorbemerkung begnügen. Zwar ist es praktisch kaum noch möglich, juristisch belastbare Aussagen zum 130er zu tätigen, doch zumindest können wir uns noch in Bezug auf Einzelfälle an die gängige Rechtsprechung halten, weshalb sich alle nachfolgenden Ausführungen strikt an rechtskräftigen Urteilen zum Volksverhetzungs-Paragraphen orientieren.
b) § 130 Abs. 1 StGB
Wie bereits erwähnt, ist der § 130 StGB in den letzten Jahrzehnten stetig erweitert und verschärft worden, weshalb er aktuell bereits über sieben Absätze verfügt, die wir uns im Einzelnen anschauen werden. Werfen wir zunächst einen Anblick auf den ersten Absatz, der für sich bereits aus mehreren Satzungetümen besteht:
Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
- gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
- die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
„Teile der Bevölkerung“
Damit eine Strafbarkeit gem. § 130 StGB in Betracht kommt, muss sich die Äußerung zunächst gegen eine „nationale, rassische, religiöse oder durch ihre Herkunft bestimmte Gruppe“ oder gegen „Teile der Bevölkerung“ richten. „Teil der Bevölkerung“ ist eine von der übrigen Bevölkerung aufgrund gemeinsamer äußerer oder innerer Merkmale politischer, nationaler, ethnischer, rassischer, religiöser, weltanschaulicher, sozialer, wirtschaftlicher, beruflicher oder sonstiger Art unterscheidbare Gruppe von Personen, die zahlenmäßig von einiger Erheblichkeit und somit individuell nicht mehr unterscheidbar sind.
Nach der Rechtsprechung sind „Teil der Bevölkerung“ im Sinne des § 130 StGB z.B.:
- Das Weltjudentum, die Juden,
- Die Freimaurer, die Spitze der Großbanken,
- Die Gewerkschaften, die politischen Parteien,
- Die Richter des Bundesverfassungsgerichts,
- Die Soldaten der Bundeswehr,
- Die in Deutschland lebenden Ausländer, die Asylbewerber,
- Die Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus,
- Die Pädophilen, die Homosexuellen,
- Die Frauen.
Gegen diese Gruppen darf nicht zum Hass aufgestachelt oder zu Gewalt- und Willkürmaßnahmen aufgerufen werden; außerdem dürfen sie nicht beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden.
Nicht ausreichend ist es hingegen, wenn bei der Verwendung von Sammelbegriffen der Personenkreis so groß und unüberschaubar ist und mehrere, sich teilweise deutlich unterscheidende Einstellungen oder politische Richtungen umfasst, dass eine Abgrenzung von der Gesamtbevölkerung aufgrund bestimmter Merkmale nicht möglich ist. Dies trifft nach der Rechtsprechung auf folgende Gruppen zu, die keine „Teile der Bevölkerung“ im Sinne von § 130 StGB sind:
- Die Deutschen,
- Die Rechtsradikalen, die Braunen, die Skinheads, die Nazis, die Neonazis, die Nationalsozialisten,
- Die Antifa, die Roten, die Linken (im Sinne einer allgemeinen politischen Verortung, sofern keine Bezugnahme zur Partei „Die Linke“ gegeben ist), die „Förderer der Völkerwanderung“,
- Die Eliten,
- Die Zionisten,
- Die Christen,
- Die Fußballfans eines bestimmten Vereins,
- Die Soldaten der deutschen Wehrmacht.
Diese Gruppen sind vor einer Kollektivbeleidigung juristisch schutzlos, aber nicht vor individuellen (persönlichen) Beleidigungen.
die Polizei ein „Teil der Bevölkerung“ i.S.v. § 130 StGB?
Die Polizei ist nach mittlerweile gesicherter Rechtsprechung kein „Teil der Bevölkerung“ im Sinne des § 130 StGB. Allgemeine, abwertende Äußerungen gegen die Polizei sind nur dann strafbar, wenn der „betroffene Personenkreis zahlenmäßig überschaubar und aufgrund bestimmter Merkmale so klar umgrenzt ist, dass er deutlich aus der Allgemeinheit hervortritt“.
Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn sich die Äußerung explizit gegen eine bestimmte, am Ort des Geschehens anwesende Gruppe von Polizisten richtet.
Das Bundesverfassungsgericht hat jedenfalls entschieden, dass das Tragen einer Hose mit der großflächigen Aufschrift „A.C.A.B.“ bei einem Fußballspiel zumindest dann nicht strafbar ist, wenn man sich damit nicht bewusst in die Nähe der Einsatzkräfte begibt, um diese mit der Parole zu konfrontieren. (BVerfG, Beschluss vom 17.05.2016, Az. 1 BvR 257/14)
Als „Faustregel“ kann also gelten, dass gewisse polizeifeindliche Äußerungen wie „A.C.A.B.“ und „Fuck Cops“ nur dann strafbar sind, wenn sie sich gegen einen konkreten Polizisten oder gegen eine konkrete Gruppe von Polizisten richten.
Weitere Tatbestandsmerkmale des § 130 Abs. 1 StGB
Zum Hass aufstacheln bedeutet, nachhaltig auf Sinn und Gefühle anderer mit dem Ziel einzuwirken, Hass im Sinne von Feindschaft zu erzeugen oder zu steigern. Auffordern ist ein Verhalten, mit dem erkennbar von einem anderen ein bestimmtes Tun oder Unterlassen gefordert wird. Gewalt- und Willkürmaßnahmen sind gewaltsame und andere Eingriffe ohne Rechtsgrundlage.
Beschimpfen ist eine durch Form oder Inhalt besonders verletzende Äußerung der Missachtung. Verächtlichmachung liegt vor, wenn etwas als der Achtung der Staatsbürger unwert bezeichnet und als unwürdig hingestellt wird. Böswillig ist die Verächtlichmachung, wenn sie trotz Kenntnis des Unrechts in feindseliger und verwerflicher Gesinnung geschieht. Eine Verleumdung liegt vor, wenn jemand wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist (vgl. § 187 StGB).
Folgende Äußerungen sind gem. § 130 Abs. 1 StGB strafbar:
• Die Behauptung, Ausländer und Zigeuner wollten nur unser Geld und nähmen uns Wohnung und Arbeitsplätze weg.
• OLG Köln, Beschluss vom 01.03.1994, Az. Ss 17/94
• Die Darstellung eines Schweins, das Brotlaibe verschlingt und schwarze Menschen ausscheidet.
• OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.04.1995, Az. 5 Ss 80/95
• Die Behauptung, Ausländer seien „Sozialparasiten“.
• OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 15.08.2000, Az. 2 Ss 147/00
• Die Forderung hinsichtlich der Fußball-Nationalmannschaft, dass „weiß nicht nur eine Trikot-Farbe“ sei.
• LG Berlin, Urteil vom 18.05.2006, Az. 27 O 410/06
• Die Behauptung, Punker seien „dreckige Schweine“ und Kommunisten seien „dreckiger als das dreckigste Schwein“.
• BGH, Urteil vom 03.04.2008, Az. 3 StR 394/07
• Die bildliche Darstellung in einem Wahlkampf-Video, das Ausländer uneingeschränkt mit Kriminalität in Verbindung bringt.
• OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 31.08.2011, Az. 3 S 112.11
• Die Bezeichnung eines Teils der Bevölkerung als „Horde“ und die Bezeichnung „arme Flüchtlinge“, wobei „arme Flüchtlinge“ bewusst in Anführungszeichen gesetzt wurde.
• Quelle: Norddeutsche Rundschau, 01.09.2016
• Das öffentliche Verwenden eines Bildes mit Reifenspuren und dem Spruch „Ich bremse nicht für Asylanten“.
• Quelle: Rhein-Sieg Rundschau, 22.03.2017
• Die Bezeichnung von Asylanten und kriminellen Ausländern als „Gesochse“, „Affen“, „Ungeziefer“ und „Pack“.
• OLG Hamm, Beschluss vom 07.09.2017, Az. 4 RVs 103/17
• Die Bezeichnung von Asylanten als „muslimische Wurfmaschinen“.
• Quelle: www.welt.de, 29.03.2018
• Die Bezeichnung von Homosexuellen als „degenerierte Spezies“, die „sozial minderwertig“ seien, verbunden mit der Forderung, Kinder müssten vor ihnen geschützt werden.
• Quelle: Berliner Morgenpost, 16.04.2019
Folgende Äußerungen sind hingegen erlaubt:
• Die Forderung nach „Ausländerrückführung“.
• BVerfG, Beschluss vom 04.02.2010, Az. 1 BvR 369-371/04
• NPD-Plakate mit der Aufschrift „Guten Heimflug!“ und „Gas geben!“.
• VG Berlin, Beschluss vom 07.09.2011, Az. 1 L 293.11
• NPD-Plakat mit der Aufschrift „Geld für die Oma statt für Sinti und Roma“.
• VG Gießen, Beschluss vom 12.09.2013, 4 L 1892/13.GI
• Die Aufforderung an Politiker mit ausländischen Wurzeln, Deutschland zu verlassen, und die Zusendung von symbolischen „Rückflug-Tickets“.
• Quelle: RBB online, 25.09.2013
• Der Ausspruch, es herrsche im Münchener Stadtrat ein „Lärm wie in einer Judenschule“.
• StA Mainz I, Az. 112 Js 207592/14
• Die Bezeichnung einer politischen Partei als „Terror-Organisation“.
• StA Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 06.11.2015, Az. 403 Js 54186/15
• Die Forderung nach einem „Nürnberg 2.0“, wo Volksverräter abgeurteilt werden.
• Quelle: Märkische Allgemeine, 03.06.2016
• Die Aussage „Refugees not welcome“, auch in Kombination mit der Darstellung einer Enthauptungs-Szene, wenn dadurch zum Ausdruck gebracht werden soll, dass gewaltbereite Asylanten in Deutschland nicht willkommen sind.
• OLG Celle, Urteil vom 27.10.2017, Az. 1 Ss 49/17
• Die Behauptung, der Islam sei „schlimmer als die Pest“.
• Quelle: www.sr.de, 28.02.2018
• Die Frage „Meinen Sie die barbarischen, muslimischen, gruppenvergewaltigenden Männerhorden so zu besänftigen?“ als Reaktion auf eine Silvestergrußbotschaft der Kölner Polizei in arabischer Sprache.
• Quelle: www.freiewelt.net, 24.04.2018
• Die Äußerung über die Integrationsbeauftragte Aydan Özoguz (SPD) „…wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können“.
• Quelle: Zeit Online, 17.05.2018
• Die Bezeichnung von Mitgliedern der Türkischen Gemeinde als „Kümmelhändler“ und „Kameltreiber“, die in Deutschland „nichts zu suchen und nichts zu melden“ hätten, im Rahmen eines politischen Meinungsstreits.
• Quelle: www.faz.de, 05.06.2018
Weitere Informationen auf: www.s-f-n.org
Vorsicht auch bei Verwendung von „Neger“ und „Ausländer raus“!
Die Bezeichnung eines Schwarzen als „Neger“ ist jedenfalls dann strafbar, wenn man den Begriff verwendet, um die angesprochene Person damit bewusst herabzuwürdigen. Wenn insbesondere ältere Menschen dieses Wort aussprechen, weil sie es von klein auf so gewohnt sind und den Begriff wertfrei benutzen, ist dies laut gängiger Rechtsprechung nicht strafbar (so berichtete z.B. die Berliner Zeitung vom 07.11.2012 über einen solchen Fall). Für Nationalisten empfiehlt es sich jedenfalls, auf die öffentliche Verwendung des Wortes „Neger“ zu verzichten.
Die Staatsanwaltschaft Traunstein hat im Februar 2019 entschieden, dass der Ausspruch eines AfD-Politikers bei einer Wahlkampfrede: „Ich möchte wissen, wenn mich in der Nachbarschaft ein Neger anküsst oder anhustet, dann muss ich wissen, ist er krank oder ist er nicht krank“, nicht strafbar ist (siehe www.merkur.de vom 12.02.2019).
Zu der Parole „Ausländer raus“ hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 04.02.2010 (Az. 1 BvR 369-371/04) Folgendes festgestellt: Ein Angriff auf die Menschenwürde ist nur dann gegeben, wenn der angegriffenen Person ihr Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft abgesprochen und sie als unterwertiges Wesen behandelt wird. Dem entspricht es, dass die Strafgerichte bei der Parole „Ausländer raus“ nur unter Hinzutreten weiterer Begleitumstände von einem Angriff auf die Menschenwürde ausgehen.
Der Kerngedanke hinter diesem BVerfG-Beschluss: Die Parole „Ausländer raus!“ an sich lässt schließlich offen, ob Ausländer freiwillig (z.B. durch finanzielle Anreize) oder durch Zwang in ihre Heimatländer zurückgeführt werden sollen. Nur die zweite Auslegungsvariante wäre strafbar.
Aus den Begleitumständen, wann, wie und wo die Parole gerufen wurde, muss sich ergeben, dass Ausländer „als rechtlos oder als Objekt“ angesehen werden. Deshalb kommt es bei der Beurteilung, ob „Ausländer raus!“ strafbar ist oder nicht, immer auf die den Einzelfall begleitenden Umstände an, z.B. ob Aggressivität, Einschüchterung oder Militanz im Spiel sind.
Wenn man juristisch auf der sicheren Seite sein will, sollte man bei öffentlichen Versammlungen jedenfalls auf das Rufen dieser Parole verzichten.
c) § 130 Abs. 2 StGB
Der Vollständigkeit halber schauen wir uns auch den zweiten Absatz des § 130 StGB zunächst im vollen Wortlaut an:
Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- eine Schrift (§ 11 Absatz 3) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder einer Person unter achtzehn Jahren eine Schrift (§ 11 Absatz 3) anbietet, überlässt oder zugänglich macht, die
- zum Hass gegen eine in Absatz 1 Nummer 1 bezeichnete Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung aufstachelt,
- zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen in Buchstabe a genannte Personen oder Personenmehrheiten auffordert oder
- die Menschenwürde von in Buchstabe a genannten Personen oder Personenmehrheiten dadurch angreift, dass diese beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden,
- einen in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalt mittels Rundfunk oder Telemedien einer Person unter achtzehn Jahren oder der Öffentlichkeit zugänglich macht oder
- eine Schrift (§ 11 Absatz 3) des in Nummer 1 Buchstabe a bis c bezeichneten Inhalts herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diese Schrift ein- oder auszuführen, um sie oder aus ihr gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 oder Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen.
Was hiermit in für den juristischen Laien kaum verständlichen Worten gesagt werden soll
Nach § 130 Abs. 2 Nr. 1 StGB macht sich strafbar, wer volksverhetzende Schriften verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht (z.B. über das Internet) oder einer Person unter 18 Jahren eine solche Schrift anbietet, überlässt oder zugänglich macht.
Nach § 130 Abs. 2 Nr. 2 StGB wird bestraft, wer volksverhetzende Inhalte mittels Rundfunk oder Telemedien einer Person unter achtzehn Jahren oder der Öffentlichkeit zugänglich macht.
Nach § 130 Abs. 2 Nr. 3 StGB macht sich strafbar, wer volksverhetzende Schriften herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diese Schrift ins Inland einzuführen oder ins Ausland auszuführen, um sie zu verbreiten oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Der antiquarische Verkauf von einigen wenigen Originalausgaben von NS-Büchern fällt unter die Sozialadäquanz-Klausel des § 130 Abs. 7 StGB und ist nicht strafbar!
Teil 2 erfolgt in den nächsten Tagen. Der Text wurde entnommen aus dem „Rechtsratgeber für Dissidenten – Das kompakte Nachschlagewerk für die juristische Selbsthilfe“, herausgegeben vom Arbeitskreis Repressionsabwehr, dessen Kauf zum Preis von 8,00 € unter www.s-f-n.org nicht nur für Euch, sondern auch für den Verlag ein Gewinn wäre.